Vor 50 Jahren am 11. September: Putsch in Chile

Am 11. September 1973 stürzte eine Militärjunta unter der Führung von General Augusto Pinochet die demokratisch gewählte Allende-Regierung der Unidad Popular. Der sozialistische Präsident Salvador Allende wurde eines der ersten Opfer des blutigen Putsches, dem 17 Jahre Militärdiktatur unter Pinochet folgten. Zehntausende Menschen wurden eingesperrt, gefoltert und getötet. 200.000 Menschen flüchteten aus Chile.

Der Putsch wurde unterstützt und finanziert vom CIA und der US-Regierung. Das belegen heute auch veröffentlichte Dokumente: The National Service Archive

Mit dem Putsch wurden die sozialen Errungenschaften der dreijährigen Amtszeit der Allende-Regierung beseitigt: Schon sechs Monate nach Amtsantritt waren 750.000 Hektar Land von Großgrundbesitzern im Zuge der Agrarreform enteignet worden. Das war eines der Versprechen der Unidad Popular gewesen: "Das Land denen, die es bestellen". 10.000 Traktoren wurden von der Regierung beschafft, riesige Bauvorhaben zur Bewässerung wurden mit Unterstützung Tausender Student:innen umgesetzt. Die Allende-Regierung trieb ein gewaltiges Programm im sozialen Wohnungsbau voran. Im ersten Regierungsjahr waren schon 100.000 Sozialwohnungen auch in besten und wohlhabenden Gegenden fertiggestellt. Die Mieten wurden auf maximal 10 Prozent des Familieneinkommens festgelegt. Eingeführt wurden eine Rente ab 60, eine Reichensteuer und Umverteilung von oben nach unten, der kostenlose Zugang zu Schulen und Krankenhäusern und öffentlich geföderte Beschäftigung zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Führende Politiker der CDU/CSU feierten die Militärdiktatur Pinochets. Der bayerische CSU-Ministerpräsident Franz Josef Strauß erklärte: „Angesichts des Chaos, das in Chile geherrscht hat, erhält das Wort Ordnung für die Chilenen plötzlich wieder einen süßen Klang.“ (Bayernkurier, 22. September 1973) Im selben Jahr reiste der damalige CDU-Generalsekretär Bruno Heck als Zeichen der Solidarität nach Chile. Auf die Frage nach Berichten, denen zufolge das Nationalstadion in Santiago unter Pinochet in ein Gefangenenlager verwandelt worden sei in dem 4.000 Oppositionelle gefoltert würden, sagte Heck nach seiner Rückkehr in der Süddeutschen Zeitung den berüchtigten Satz: „Das Leben im Stadion ist bei sonnigem Wetter recht angenehm.“ Strauß erhielt 1977 nach einem Treffen mit Pinochet die Ehrendoktorwürde der Rechtswissenschaft. Der westdeutsche Handel mit Chile erlebte im Jahr nach der Machtübernahme Pinochets einen erheblichen Aufschwung: Die Ausfuhren stiegen 1974 um über 40 Prozent, die Einfuhren sogar um 65 Prozent. (Deutsche Welle Januar 2019)

Deutsche Faschisten, die in Chile nach dem Zweiten Weltkrieg Unterschlupf gefunden hatten, spielten bei dem Putsch, dem Aufbau des Unterdrückungsapparates und der Verfolgung und Ermordung der Linken eine führende Rolle. Um die 1.000 Offiziere von SS, Wehrmacht und Gestapo standen in Chile bereit. Sie bauten den Geheimdienst DINA, Konzentrationslager und die Folterzentren auf. Der SS-Standartenführer Walther Rauff, einer der Hauptverantwortlichen für die Umsetzung der Vernichtung, der Verfolgung und der Ermordung der Juden in den von den Nazis besetzten europäischen Ländern, führte dieses Netzwerk. Ein anderer war der SS-Ausbilder für Verhörtechnik und Partisanenbekämpfung Cornelius Krieg-Marbeck. In der Führung des chilenischen Geheimdienstes war neben Rauff auch der Brigadegeneral Christoph Willeke. Dieser war für die enge Beziehung und Abstimmung mit dem BND zuständig. (Tagesschau, 3. September 2023)

Bis heute verweigert das deutsche Außenministerium - auch unter der Grünen Annalena Baerbock - die vollständige Aufklärung der deutschen Verstrickung in den Putsch und der Zusammenarbeit mit der faschistischen Militärjunta.

Der 50. Jahrestag des Putsches ist für uns Anlass zur Mahnung und Erinnerung.

Das Gedenken an die Opfer, das Erinnern an den imperialistischen Charakter und die Folgen der neoliberalen Politik der Putschisten ist gerade in der heutigen Zeit von großer Dringlichkeit.

Aber auch die Würdigung der beeindruckenden internationalen Solidaritätsbewegung mit Chile, die der Putsch ausgelöst hatte, ist heute wichtiger denn je.

Dossier von amerika21 zum 50. Jahrestag des Putsches in Chile

Bilder, Filme, Berichte und Musik auf den Webseiten aus Chile (in Spanisch):

Victor Jara

Quilapayún

Gedenkseite der Technischen Universiät von Estado